Über das Projekt

Erschließung der handschriftlichen Einträge in frühneuzeitlichen Schreibkalendern mittels eines Repertoriums (circa 1540 bis 1800)

English version below

Im Fokus des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts steht der Schreibkalender der Frühen Neuzeit: ein mittels einer Drucktechnik hergestelltes Medium der öffentlichen Kommunikation, dessen Bezeichnung sich am Gebrauchscharakter, als zu beschreibendes Papier, orientiert. Der buchförmige Schreibkalender, der Platz für Notizen des Nutzers anbot, erreichte große und unterschiedlich gebildete Rezipientenschichten. Der seit 1540 hergestellte Schreibkalender war sowohl eine gedruckte Publikation als auch – im Fall seines genuinen Gebrauchs als zu beschreibendes Papier – ein Schriftmedium mit handschriftlichen Eintragungen. Als standardisiert gedrucktes und zugleich individualisiert handschriftlich beschriebenes Medium sind die Schreibkalender eine einzigartige Quelle für historische Forschungen, nicht nur weil die zweigegliederten Inhalte (Kalendarium: astronomische Angaben sowie astrologische Details; Prognostikum: Berichtsteil zu astronomischen, astrologischen, historischen, politischen und religiösen Themen) für lange Zeit für viele Menschen der einzige Zugang zu weltlichem Lesestoff waren. Es ist das Vorhandensein der handschriftlichen Notizen auf den Schreibseiten des Inhalts, der diese Medien für die historische Analyse so wertvoll macht. Nach heutigem Kenntnisstand enthalten etwa 7.000 Kalender weitgehend unentdeckte und unerforschte handschriftliche Notizen. 

Aufgeschlagener Schreibkalender mit handschirftlichen Einträgen
Foto: Klaus-Dieter Herbst; CC BY-NC-SA 4.0

 

Das mit rund 630.000,00 Euro geförderte Projekt baut auf vier von der DFG geförderten Vorprojekten (seit 2002) auf, nutzt bereits eine Quellenbasis von rund 17.000 bekannten Exemplaren (von 1540 bis ca. 1800) und widmet sich der Sichtbarmachung, Dokumentation und Online-Ausweisung dieser einzigartigen und für viele interdisziplinäre Forschungsbereiche bedeutsamen Quellen. In dem von Prof. Dr. Daniel Bellingradt, ehemals Juniorprofessor für Buchwissenschaft und aktuell Gastprofessor am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, geleiteten Projekt arbeitet Dr. Klaus-Dieter Herbst seit Beginn des Sommersemesters 2021 an der Erstellung des datenbankgestützten Repertoriums der handschriftlichen Einträge in Schreibkalendern des deutschen Sprachraums Europas von 1540 bis 1800. In Kooperation und Beratung mit Informatikern der FAU (Prof. Dr. Klaus Meyer-Wegener, Lehrstuhl für Informatik 6 „Datenmanagement“ und Prof. Dr. Michael Kohlhase, Professor für Knowledge Representation and Processing) und anderen Universitäten, sowie unterstützt von der Competence Unit für Research Data Information der FAU, werden zwischen 2021 und 2026 rund 7.000 überlieferte Schreibkalen­der aller Formate erfaßt werden, die handschriftliche Einträge aufweisen. Das Projekt mit dem Titel „Erschließung der handschriftlichen Einträge in frühneuzeitlichen Schreibkalendern mittels eines Repertoriums (circa 1540 bis 1800)“ versteht sich als eine wichtige Etappen-Leistung einer zukünftigen Erfassung und Ausweisung aller deutschen Jahreskalender der Frühen Neuzeit.

 

Zum Artikel "Der Schreibkalender – ein fast vergessenes Kommunikationsmittel für Wissenschaft, Bildung und Aufklärung" von Klaus-Dieter Herbst (2012)

 

A database project for the Early Modern Schreibkalender.

The project is funded by the German Research Association (DFG) and focuses on the annually-published Early Modern German writing calendar. The Schreibkalender was produced in high quantities and reached very large audiences. While being a characteristic part of the contemporary media ensemble in the German-speaking areas of Europe, the Schreibkalender was, from its beginning in 1540, both a paper-based material artefact resulting from complex and specialized publishing and printing processes and also a document of handwritten interaction. Within the typical dual content of the Kalendarium (containing astronomical information and astrological details) and the Prognostikum (containing longer stories on historical, political and religious topics) the owner/reader was offered space for individual remarks, observations, and comments. This intentionally-inserted writing space gave the Schreibkalender its name: a calendar to insert writing. These handwritten portions are to be found in about 7000 calendars and are largely unstudied. They, in sum, make the Schreibkalender a very rich source for many historical departures.

It is from this point that our ca. 630,000 Euro project departs. It builds on four completed projects funded by the DFG since 2002, uses more than 17,000 known copies of various Schreibkalender from the years 1540–1800, and aims to make these sources historiographically visible, documented, and accessible online. The aim of the project is to systematically search for writing calendars that contain handwritten portions and entries in yet unsurveyed archival collections and make these calendars available in an internet database. The project’s database will be designed to ensure its future development into a bigger reference work providing systematic documentation and analysis of all forms of printed calendars (organized by authors, publishers, titles, printing places, information on print runs and editions, etc.). Therefore, this project intends itself to be a pilot project for an online reference work of all calendars published before 1800 in German-speaking Europe. Building on the project’s online reference work, a first history of the printed calendar, as an important part of a to be written history of early modern communication, seems possible. 

 

Deckblatt eines Schreibkalenders (Foto: Klaus-Dieter Herbst; CC BY-NC-SA 4.0)
Foto: Klaus-Dieter Herbst; CC BY-NC-SA 4.0